Luzia Hürzeler, Sabine Gross, Margret Wibmer, Jürgen Klauke, Anke Röhrscheid, William Engelen, Sofi Zezmer, Eric de Castro / Kunstraum Dreieich / December 2011 – February 2012

In her review of the 2011 Venice Biennale in the second issue of Frieze g/e, Noemi Smolik observes a renewed interest in fiction. There is a shift, she says, away “from provocative, critical, conceptually sophisticated, and aesthetically deft commentaries on reality, to the creation of spaces that serve as a stage for a reality of their own – and yet are intended not as an escape, but as a challenge to an existing one.” Thus, it is no coincidence that moments of the surreal increasingly appear in contemporary art, such as the principle of unexpected connection or linkage, exemplified in the famous Lautréamont quote of the chance encounter of the umbrella and the sewing machine on the dissecting table. The familiar reality suddenly appears completely mysterious from an unfamiliar perspective; the “translation” into visible or audible structures makes everyday life experienceable in a completely new way. Or we look into an invented world with its own laws, the result of artistic imagination. Fantasy and fiction are in fact not an escape from reality, but at most before the supposed truth of realism, which is often put on art like a false shoe. Rather, the power of art is to effectively transform reality by means of fiction, which is done in various different ways in this exhibition.


Ludwig Seyfarth (text in German below)

In ihrer Besprechung der Biennale d’Arte in Venedig 2011 in der zweiten Ausgabe von Frieze d/e beobachtet Noemi Smolik ein wieder zunehmendes Interesse an Fiktionen. Es gäbe eine Verschiebung weg „von provokativen, kritischen, konzeptuell ausgeklügelten und ästhetisch geschickt aufbereiteten Kommentaren der Wirklichkeit, hin zum Erzeugen von Räumen, die als Bühne für eine eigene Wirklichkeit dienen – und dennoch nicht als Flucht, sondern als Herausforderung an eine vorhandene gedacht sind“. So ist es kein Zufall, dass Momente des Surrealen in der aktuellen Kunst zunehmend auftauchen, so das Prinzip der unerwarteten Verbindung oder Verknüpfung, exemplifiziert im berühmten Lautréamont-Zitat von der zufälligen Begegnung des Regenschirms und der Nähmaschine auf dem Seziertisch. Die gewohnte Realität erscheint aus ungewohnter Perspektive auf einmal völlig rätselhaft; die „Übersetzung“ in sichtoder hörbare Strukturen macht den Alltag völlig neuerfahrbar. Oder wir blicken in eine erfundene Welt mit völlig eigenen Gesetzen, Resultat künstlerischer Phantasie. Phantasie und Fiktion sind tatsächlich keine Flucht aus der Realität, sondern höchstens vor der vermeintlichen Wahrheit des Realismus, die der Kunst oft wie ein falscher Schuh angezogen wird. Vielmehr besteht die Kraft der Kunst darin, die Realität mittels der Fiktion wirkungsvoll zu transformieren, was in dieser Ausstellung auf ganz verschiedene Weise geschieht.

Ludwig Seyfarth